Bei dem Bayer handelt es sich um meinen geschätzten PGA Golflehrer Kollegen Peter Wollfenstetter. Peter habe ich während unserer gemeinsamen A-Trainer Ausbildung kennen-und schätzen gelernt. Zudem hatten wir einmal eine zeitgleich stattfindende Golfreise in der Türkei. An den Abenden trafen wir uns immer noch zu einem „Feierabend Drink“ an der Hotelbar und philosophierten über den Golfsport.

Ich mag Peter sehr. Er ist ein Typ mit Ecken und Kanten, der seine Meinung hat und diese auch klar artikuliert. Das Ganze dann auf tief Bayrisch, was eine Unterhaltung mit ihm immer außerordentlich lustig werden lässt.

Neben seiner Tätigkeit als Club Professional coacht er seit langen Jahren den Thailänder Thongchai Jaidee. Der aktuell den 46. Platz (Stand Juli 2016) in der Golf Weltrangliste inne hat. Anlässlich der BMW International Open im Golf Club Lärchenhof bei Köln, trafen sich die Beiden zum Training, um Thongchai für dieses European-Tour-Turnier vorzubereiten. Eines dieser Trainings hat Peter, in Zusammenarbeit mit unserem Berufsverband der PGA of Germany, als öffentliches Training ausgeschrieben. Sprich: Interessierte Golflehrer konnten sich für diese Trainings-Session anmelden um sich einen Eindruck darüber zu machen, wie im Professional Golf gearbeitet wird. Diese Möglichkeit ließ ich mir natürlich nicht entgehen. Seit jeher habe ich ein großes Interesse daran, den besten Spielern unserer Sportart zuzusehen, um Trends, Technik-Tendenzen und Trainingsinhalte zu erkennen. Meine Erfahrung zeigt mir, dass viele dieser Informationen, früher oder später auch Einzug in das Amateurgolf halten.

Die Trainingseinheit begann zuerst damit, dass beide über Ihre Zusammenarbeit berichteten. Peter sagte, dass das eigentliche Techniktraining im Dezember und Januar, also in der Turnierfreien Zeit eines jeden Jahres, in Thailand absolviert wird. Dort wird festgelegt an welchen Schwerpunkten gearbeitet wird, um das Spiel von Thongchai für die anstehende Saison zu optimieren. Dann wird schon mal gut und gerne 6-8 Stunden täglich trainiert (!). Läuft dann die Turniersaison, versucht Peter bei 1 bis 2 Turnieren im Monat live vor Ort zu sein. Bei diesen „Turnier-Trainings“ wird an den Dingen gearbeitet, die aktuell die größten Schwächen im Spiel von Thongchai sind. In Summe arbeiten die Beiden an ungefähr 120-140 Tagen im Jahr zusammen.

Als Grundlage der Zusammenarbeit werden die Daten genommen, welche durch den Launch-Monitor der Firma „Trackman“, bekannt sind. Dann versucht Peter bei Thongchai den Eintreffwinkel, die Schwungbahn oder den Abflugwinkel des Balles oder ähnliches zu verändern. Klare Aussage der Beiden: Ohne Trackman geht nichts mehr! Damit wir nicht nur theoretisch erfahren was damit gemeint ist, schlug Thongchai einige Eisen 4 mit den unterschiedlichsten Flugkurven. Peter wollte einen hohen Fade, also schlug der athletische Thai einen hohen Fade. Der Coach wollte einen flachen Draw, also schlug Thongchai einen flachen Draw. Peter wollte einen kontrollierten, geraden Ballflug genau zum 150 Meter Schild, also flog der nächste Schlag von Thongchai kerzengerade und der Ball landete genau am 150 Meter Schild. Sehr beeindruckende Performance!

Dann ging es zum Driver. Peter sagte, dass Thongchai mit seinen jetzt immerhin 47 Jahren, nicht zu den längsten Spielern auf der Tour gehört. Das haben beide akzeptiert. Der kontrollierte „Standard Drive“ hat ziemlich genau 220 Meter „Carry-Länge“. Den kann er immer spielen. Wenn es eine Golfbahn hergibt, sprich es ist genügend Platz in der Drive Landezone, dann kann Thongchai auch einen längeren Drive spielen, aber mit etwas mehr Risiko- bedeutet das die Gefahr eines Hooks größer wird. Um es zu demonstrieren schlug er ein paar kontrollierte Drives. Diese landeten deutlich vor das Netz am Ende der Driving Range. Dann schlug er ein paar „Vollgas“ Drives. Diese gingen gut 15 Meter weiter und landeten dann in dem Zaun am Ende der Range. Bei dieser Demo war es wunderschön zu erkennen, dass ein Vollprofi wie Thongchai, sehr variabel mit seiner Schwungintensität und seinem Schwungtempo umgehen kann.

Dann wurde über das Thema Pitchen gesprochen. Hier hob Peter die Wichtigkeit von unterschiedlichen Spin-Verhalten der Bälle hervor. So gib es einige Golfplätze auf den gespielt wird, die harte Grüns haben. Dann wird versucht den Pitch auf diese Bedingungen anzupassen. Bedeutet konkret: mehr Backspin durch einem flacheren Ballflug. Zur Demonstration schlug der Thai einige Bälle zu einem 50 Meter Schild auf der Range, die nach der Landung sofort stoppten. Backspin pur. Es gibt aber auch Bedingungen die es einfordern „weiche“ Pitches  mit wenig Backspin zu spielen, wo der Ball nach der Landung ruhig etwas Roll haben darf. Auch diese Bälle schlug der Thailänder an das 50 Meter Schild. Ließ sie jedoch vorher aufkommen um dann wie geplant den Ball hin rollen zu lassen. Zu dem Thema Pitchen gab es noch einen äußerst interessanten Hinweis zu dem Material: Um mit einem gleichbleibenden Schwung immer das gleiche Spin-Verhalten von Bällen zu garantieren, wechseln Tour-Professionals wie Thongchai alle 3 Monate ihre Wedges. Es kommen immer wieder neue Wedges in die Tasche! Zu sehr beeinflussen abgespielte Grovees (=Rillen auf der Schlagfläche) den Spin des Balles.

Nach dieser Demonstration sprachen beide noch über das Leben auf der Tour, die Wichtigkeit des Caddys und ihre weiteren Ziele Ihrer doch sehr erfolgreichen Zusammenarbeit. Auch diese Einblicke waren wie zuvor das Training sehr aufschlussreich und für mich super spannend.

Faszinierend empfand ich die Konstanz in den Schlägen des Thai´s. Er hat in der gesamten Zeit des „Bälle schlagens“, trotz des zwischenzeitlichen Sprechens und der Unterbrechungen, wirklich nur einen schlechten Schlag gemacht. Alle anderen Schläge waren perfekt! Ich habe ja selber mit einer Menge guter Golfer zusammengearbeitet, aber dieses Niveau war noch einmal deutlich höher und konstanter. Sehr beeindruckend.

Nach 1,5 Stunden war dieses öffentliche Training leider schon vorbei. Ich hätte den  Beiden am liebsten den ganzen Tag lauschen und zuhören können. Das lag (neben den tiefgründigen Informationen über das Professional-Golfspiel) auch eindeutig daran, dass Peter und Thongchai zwei unfassbar sympathische Typen, ohne irgendwelche Star- Allüren sind. Nach diesem tollen Vormittag in Köln bin ich definitiv ein Mega-Fan von den Beiden!

Mit sportlichen Grüßen

Euer Coach Fred